Dry Aged Beef und insbesondere Dry Aged Steaks sind eine echte Spezialität. Diese besonderen Leckerbissen reifen mit viel Zeit nach traditioneller Art und entwickeln so das typische Aroma. Sie erhalten Dry Aged Steaks frisch aus dem Reifeschrank in unserer Hauptstelle in Lembeck und in der Filiale in Heiden.
Dry Aged Beef ist eigentlich ein „alter Hut“. Hierbei handelt es sich um den Fleischreifungsprozess an der Luft – man spricht auch von Trockenreifung. Bis zur Erfindung des Vakuumierens von Fleisch war war die Trockenreifung die herkömmliche Art der Fleischreifung, bevor das Rindfleisch in den Verkauf kam.
Heute erlebt diese Art der Fleischreife eine Renaissance. Immer mehr Fleischliebhaber und -Kenner bevorzugen Dry Aged Steaks aufgrund des feinen Fleischaromas, der Zartheit und des unvergleichlichen Geschmacks.
Genauso wie guter Whisky wird auch Fleisch immer aromatischer, je länger es „abhängt“. Die Umgebung sollte kühl, feucht, keimarm und mit viel Luftaustausch gestaltet sein. Aufgrund der strengen EU-Hygienevorschriften, ist es heute kaum noch möglich, das Fleisch offen im Schlachthaus hängen zu lassen. Stattdessen werden für die Herstellung von Dry Aged Beef spezielle Reifeschränke aus Edelstahl verwendet. In diesen Schränken wird der Trocknungsprozess elektronisch unterstützt. Sie verfügen über eine exakte Regulierung der Luftfeuchtigkeit von 30 – 95 %, Tauwasserverdunstung mit Heißgas, regulierbarer Luftzirkulation bis zu 13 Kubikmeter pro Stunde und diversen Reifeprogramme. Dennoch: Es bedarf viel Erfahrung und Fachkenntnis sowie täglicher Kontrolle um den perfekten Reifegrad abzupassen.
In den ersten beiden Wochen wird dem Fleisch in erster Linie Flüssigkeit entzogen. Das Fleisch kann u.U. bis zu 40 % Flüssigkeit verlieren. In Phase I des Fleischreifeprozesses wird erst der natürliche Traubenzucker verbraucht und Milchsäure gebildet. Ab der dritten Woche ist dann der für die Zartheit der Steaks entscheidenden enzymatische Reifung abgeschlossen. Die Fleischreife tritt in Phase II ein: Durch die langsame Reifung steigt der PH-Wert. Das Fleisch wird butterzart und aromatisch. Durch das Dry Aging entsteht im Idealfall ein Steakfleisch, das ähnlich zart ist wie normales, nassgereiftes Fleisch. Dabei wird zugleich ein knackiges wie saftiges Mundgefühl erzeugt, das vor allen Dingen den ganzen Strauß an Aromen enthält, das Rindfleisch überhaupt entwicklen kann.
Für Dry Aged Beef kommt noch lange nicht jedes Schlachtstück in Frage. Wir verwenden für die Fleischreifung nur das Fleisch ausgesuchter Färsen bis zum Alter von max. 3 Jahren. Färsenfleisch ist von Hause aus zarter, kräftiger rot gefärbt und hat einen ansehnlichen Fettdeckel sowie einen relativ hohen intramuskulären Fettanteil, da Färsen langsamer wachsen als z. B. Bullen. Für Färsenfleisch spricht auch, dass das Fleisch viel saftiger bleibt, als bei anderen Fleischsorten. Und das trotz des wasserbedingten Gewichtsverlustets von bis zu 40 %. Dieser Effekt wird auch durch den feinen Marmorierungsgrad der Färsen weiter unterstützt.
Neben Alter und Geschlecht des Rindes sind auch Rasse und Haltungsbedingungen der Tiere entscheidend für ihre Trockenreife-Eignung. Da beim dry Aging die animalischen Aroma-Anteile unterstützt werden, sind sehr alte Tiere nur noch für einige wenige Liebhaber eine echte Freude. Wild schmeckende Rassen wie Galloway, Hereford oder Highland-Cattle, aber auch Rassen, die auf fettarme Fleisch-Hochleistung gezüchtet wurden, wie Charolais oder Limousin leiden unter dem geringen Marmorierungsrad. Aus Dry Aging wird dann schnell Dry Eating.
Bei Dry Aged Steaks kommt man um eine kundige Garung nicht herum. Die Steaks sollten nie dünner als 4 cm zugeschnitten werden und vor dem Garbeginn mindestens zwei Stunden lang Raumtemparatur angenommen haben.
Die Rückwärtsgarung über viele Stunden in lauwarmen Sous-vide-Wasserbad ist für Dry-Aged Beef auf gar keinen Fall empfehlenswert! Das Fleisch kann dadurch eine lebrige, kaugummiartige Konsistenz bekommen, das Aroma über die Grenze von Moschus ins Käsefüßige kippen.
Das zimmerwarme Dry Aged Beef sollte ungewürzt zunächst kurz und sehr heiß auf dem Grill oder in Butterschmalz in einer Eisenpfanne von beiden Seiten kross gebraten werden. Dann bei 100 ° in den Backofen (keine Umluft), damit es so langsam die gewünschte Garstufe erreicht. Ein Profitipp: überwachen Sie die Kerntemperatur mit einem Kerntemperaturmesser. Am Ende umdrehen und bei geöffneter Ofentür noch zwei Minuten ruhen lassen.
Dass Grillsaucen aus dem Supermarkt hierbei noch nicht einmal in die Nähe dess Esstisches kommen dürfen, versteht sich sicher von selbst. Interessant ist allerdings, dass ein so zubereitetes Steak noch nicht einmal Pfeffer braucht, weil selbst der den wunderbaren, intensiven Eigengegeschmack des Fleisches stören könnte. Dry-Aging-Profis verzichten bei besonders guten Stücken sogar auf das Nachsalzen und dulden zu einem trockengereiften Steak nur eine einzige Beilage: noch ein Steak.